Der Würfel wird vor dem Lösen gescannt. Bei korrektem Lösen leuchten die LEDs. Laurids Wetzel beobachtet den Lösungsvorgang. Foto: Susi Freitag, FH Bielefeld, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber
Gütersloher Maschine löst Zauberwürfel in einer Sekunde
Gütersloh (fhb). Wie spannend eine Projektarbeit in Mechatronik sein kann, zeigt eine Maschine zum Lösen des legendären »Rubik‘s Cube«, entwickelt von Studenten im praxisintegrierten Studiengang Mechatronik/Automatisierung am Campus Gütersloh der Fachhochschule (FH) Bielefeld.
Lehrveranstaltung für selbst entwickelte Konstruktionen
Ziel des Moduls »Mechatronische Systeme« ist, ein mechatronisches System bestehend aus Software-, Mechanik- und Elektronikelementen von Grund auf zu planen, zu dokumentieren, umzusetzen und zu demonstrieren. Matthias Risse, Laurids Wetzel, Tom Töws und Jan Ewerszumrode haben sich für den Bau einer »Zauberwürfellösemaschine« entschieden.
Projektleiter Tom Töws erklärt: »Fast die gesamte Konstruktion haben wir selbst entwickelt. Während der Konstruktionsphase haben wir uns Gedanken über die einzelnen Komponenten gemacht wie Motoranbindung, Display, Motoren et cetera., sodass wir dies sehr detailliert in der Zeichnung berücksichtigen konnten.« Im nächsten Schritt hat das Team einzelne Elemente vom Kooperationsunternehmen Miele fertigen lassen und andere, zum Beispiel die Würfelanbindungen und die Motorhalterung, selbst über einen 3D-Drucker produziert.
Einspannung des Würfels ist Alleinstellungsmerkmal
Alleinstellungsmerkmal des Geräts ist die automatische Einspannung des Zauberwürfels, also der Vorgang, nachdem der Zauberwürfel eingelegt wurde. Die automatische Einspannung sorgt dafür, dass die Motoren mithilfe von Linearschienen in den Zauberwürfel »hineinfahren« und diesen somit fixieren.
Matthias Risse zu der Würfelanbindung: »Anfangs haben wir bei der Anbindung des Würfels mit Prototypen im 3D-Druck experimentiert. Leider wurde uns schnell klar, dass unsere Ideen nicht funktionierten. Deshalb haben wir Alternativen recherchiert. Als wir eine neue Lösung im 3D-Druck hergestellt und getestet hatten, waren wir mit dem Ergebnis zufrieden.«
Jan Ewerszumrode ergänzt: »Bei der Software haben wir sehr viel selbst entwickelt, unter anderem die Benutzerschnittstelle, die Bildverarbeitung zur Erfassung des Zustandes und die Motoransteuerung zur Einspannung sowie Verdrehung des Würfels. Weil es eine große Community rund um den Rubiks Cube gibt, konnten wir glücklicherweise auf einen implementierten Algorithmus zur Lösung des Würfels zurückgreifen.«
Lösen des Würfels in unter einer Sekunde möglich
Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Es ist möglich, den Würfel in einem beliebigen Zustand in die Maschine einzulegen. Je nachdem, wie »verdreht« er ist, braucht die Maschine zehn bis 35 Bewegungen, um den Würfel vollständig zu lösen. Bei zehn Bewegungen dauert das im Optimalfall weniger als eine Sekunde. Den gesamten Vorgang haben die Studenten auch in einem Video festgehalten.
Doch bis zu diesem Ergebnis galt es, einige Herausforderungen zu meistern, zum Beispiel die Bildverarbeitung: »Aufgrund unseres beschränkten Budgets konnten wir nur eine relativ günstige Kamera mit improvisierter Beleuchtung einsetzen«, berichtet Laurids Wetzel. »Bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen, also Sonne, Schatten oder Spiegelung, hat die Kamera keine guten Bilder aufgenommen. Folglich funktionierte unsere Bildverarbeitung häufig nicht. Ursprünglich hatten wir zwei Kameras verbaut, die seitlich auf den Würfel gerichtet waren und Fotos der Würfelseiten machten. Aufgrund der genannten Probleme reduzierten wir dann auf eine Kamera. Diese macht die Fotos nun frontal, sodass wir keine Probleme mehr mit Spiegelungen haben. Und das Problem mit den Lichtverhältnissen haben wir gelöst, indem wir LED-Ringe zur Beleuchtung verwenden.«
Hohe Genauigkeit verlangt Geduld und Kreativität
Als Geduldsprobe erwies sich auch die automatische Einspannung: Die Würfelanbindungen mussten exakt in die »Löcher« des Zauberwürfels »hineingefahren« werden. Töws: »Hier war eine hohe Genauigkeit notwendig, die wir erst nach einigen Tagen Feinjustierung erreicht haben.« Der Zeitplan geriet aber auch dann nicht durcheinander, als eine Schiene falsch geliefert und neu bestellt werden musste. »Wir hatten genügend Puffer eingeplant“. Unterm Strich sei dies auch der größte Lerneffekt: »Die wichtigste Erkenntnis aus dem Projekt ist, dass eine gute Planung und eine solide Konstruktion viele Schwierigkeiten erst gar nicht aufkommen lassen.«
Dass die Zauberwürfellösungsmaschine solide, aber dennoch komplex ist, macht ein Blick auf ihre Einzelteile deutlich: Zu den Hauptkomponenten gehören drei Linearschienen zum automatischen Einspannen des Zauberwürfels. »Auf den Linearschienen sind die Motoren angebracht, die in den Würfel hineingefahren werden und diesen damit einspannen«, erläutert Töws. Außerdem drehen sechs von neun Schrittmotoren die einzelnen Seiten des Zauberwürfels, die weiteren drei Motoren werden für die Linearschienen benötigt. Ein Industrie-PC mit Klemmen ist für die Steuerung zuständig. Ein Einplatinencomputer Raspberry-Pi übernimmt die Lichtsteuerung. Dann gibt es noch die Kamera, LED-Ringe, ein Netzteil sowie unzählige mechanische Komponenten.
Firmen unterstützen das Projekt
Finanziert wurde das Material größtenteils von den Firmen Beckhoff Automation, Miele, IGUS und Puls sowie der FH Bielefeld. Viele weitere Elemente haben die Tüftler im 3D-Drucker erzeugt.
Maschine wird zum Ausstellungs- und Lernobjekt
Das Projekt startete 2019 und wurde bereits im Januar 2020, noch vor der Corona-Pandemie, fertiggestellt. Das Team erhielt damals prompt eine Einladung, die Maschine auf dem Rubik’s-Stand bei einer großen Spielwarenmesse zu zeigen. Dort hätten sie sogar den Erfinder, Erno Rubik, treffen können. Das war terminlich jedoch nicht möglich und die Folgemessen konnten wegen Corona nicht in Präsenz stattfinden. Stattdessen steht der Automat nun immerhin im Hochschulgebäude in Gütersloh.
Die vier Studenten, inzwischen allesamt neben ihrem Beruf in einen Masterstudiengang eingeschrieben, sind stolz, dass ihre Maschine nun dort, im Gebäude »Gleis 13«, ausgestellt ist. »Wir hoffen, dass wir damit bald Studieninteressierten zeigen können, was für tolle Projekte an der FH möglich sind«, fasst Tom Töws zusammen. Er und seine Kommilitonen können das praxisintegrierte Studium an der FH Bielefeld jedenfalls nur wärmstens weiterempfehlen.
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