»Chanel« kennt viele Tricks. Besuchshunde müssen Menschen mögen, ein freundliches Wesen zeigen und dürfen nicht schreckhaft sein. Foto: Diakonieverband Brackwede, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber
Bielefeld Sennestadt, »Besuch auf vier Pfoten« kommt ins Ernst Barlach Haus, Schäferhündin Chanel bringt Freude und Abwechslung
Bielefeld-Sennestadt, 9. März 2022
Chanel hat einfach einen tollen Charakter. Sonst dürfte sie nicht alle zwei Wochen zu »Besuch auf vier Pfoten« ins Altenheim Ernst Barlach Haus (EBH) kommen. Die Schäferhündin und ihre Besitzerin Nadine Möller bringen seit zwei Jahren Freude und Abwechslung in das Haus an der Rheinallee – ehrenamtlich.
»Was Tiere erreichen können, das ist unwahrscheinlich! So ein Hund findet einen ganz anderen Zugang zum Menschen.« Anita Wenzel von der Sozialen Betreuung im EBH kann darüber immer wieder staunen.
Alle beobachten ihre Tricks
12 Bewohner haben im Wohnzimmer einen Stuhlkreis gebildet. Einige schauen erwartungsvoll zur Tür. Sobald Chanel auftaucht, rufen die Ersten nach der Hündin. Manche wollen sie streicheln. Andere wirken vorsichtig, doch alle beobachten ihre Tricks: eine Glocke mit der Pfote schellen lassen, ein Körbchen im Kreis tragen, die Zeitung holen, sich um die eigene Achse drehen – das macht auch Chanel sichtlich Spaß. Konzentriert, stets ihr »Frauchen« im Blick, wartet sie ungeduldig auf die nächste Ansage, zumal das nächste »Leckerli« auf ihn wartet.
Initiative ging von Nadine Möller aus
Wie das EBH »auf den Hund kam«, das ist eine eigene Geschichte. Die Initiative ging von Nadine Möller aus: »Ich hatte etwas über Besuchshunde gelesen und dachte mir, das wäre etwas für mich«, erinnert sich die 44-jährige Sennestädterin. Sie meldete sich bei Uschi Skilewski, die den Besuchshundedienst des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) in Bielefeld leitet. Diese suchte nach einer Einsatzmöglichkeit in Wohnort-Nähe. Denn der Dienst ist ehrenamtlich. Unter anderem rief Uschi Skilewski im EBH an und stieß auf offene Ohren. Eine Kostenpauschale von zehn Euro an den ASB war kein Hindernis. Das Geld fließt in Dienstkleidung – zum Beispiel eine Weste – und ein Halstuch, das den Hund als Besuchshund kennzeichnet.
»Ein Highlight für die Bewohner«
Im Ernst Barlach Haus möchten sie den Hund nicht mehr missen. Als er während der coronabedingten Besuchspausen fernblieb, gab es lange Gesichter. Umso schöner die Rückkehr im Juni 2021.
»Einfach fantastisch!«, freut sich auch Katrin Pieper vom Begleitenden Dienst des EBH über die tierische Verstärkung. »#Kinder und #Tiere sind immer wieder ein Highlight für die Bewohner.« Umgekehrt gilt das offenbar ebenso. »Chanels« Besitzerin Nadine Möller lächelt: »Im EBH sind alle total nett zu uns.« Für sie selbst sei es auch selbstverständlich, dass sie sich vor dem Besuch des Altenheims testen lässt.
»Ob #Alpakas oder Hunde – wir stellen immer wieder fest, dass Tiere die betagten Bewohnerinnen und Bewohner richtig aktivieren, nicht nur geistig, sondern auch körperlich«, sagt Björn Neßler, Geschäftsführer des DiakonieVerbands Brackwede.
»Kuschelhormon« Oxitocin sorgt für Glücksgefühle
Der Hundebesuch dient nicht nur dem Vergnügen, sondern fördert auch die Gesundheit. Das Streicheln durch das kuschelige Fell des Mittelhaar Schäferhundes sorgt dafür, dass das »Kuschelhormon« Oxytozin ausgeschüttet wird. Die alten Menschen entspannen, wirken zufrieden, teilweise sogar glücklich. Ihr Stresspegel sinkt und die Durchblutung wird gefördert.
Außerdem stärkt (trainiert) Chanel kognitive Fähigkeiten: »Ich habe früher für unseren Hund gekocht«, erinnert sich eine Frau im Stuhlkreis. Eine andere erwähnt, dass ihr Vierbeiner einen besonders edlen Stammbaum vorweisen konnte. Ohne sich ein einziges Mal zu verhaspeln, nennt sie seinen vollen, ellenlagen Titel. Und eine dritte Frau findet: »Tiere sind doch manchmal lieber als Menschen.«
Wenige Altenheime nutzen den Dienst
Uschi Skilewski vom Besuchshundedienst des #ASB freut sich über die positive Resonanz im EBH. »Die wenigsten Heime rufen von sich aus bei uns an«, sagt die 69 Jährige. »Viele wissen gar nicht, dass es diesen Dienst gibt.«
Gegründet wurde der Besuchshundedienst des ASB bereits 2007 in Gütersloh. 14 Tiere zählen aktuell zum Bielefelder Einzugsbereich. Nur zwei von ihnen sind Therapiehunde. Sie haben zuvor eine besondere und kostspielige Ausbildung erfahren.
Welche Hunde geeignet sind
Für Besuchshunde sind die Anforderungen niedriger. Eine spezielle Ausbildung ist nicht nötig. Die Tiere müssen mindestens zwei Jahre alt sein, Menschen mögen und grundsätzlich ein freundliches Wesen haben. Ihr Verhalten wird im Seminarraum des ASB getestet: Während mehrere Anwesende laut miteinander sprechen und den Hund einfach anfassen, während ein Luftballon knallt, ein Regenschirm aufgespannt wird und ein Rollstuhl nah an dem Vierbeiner vorbeifährt, muss er ruhig bleiben. »Kampfhunde« und normalerweise auch Schäferhunde schließt Uschi Skilewski aus. Hundebesitzer, die ehrenamtlich aktiv werden möchten, können per E Mail Kontakt zum Besuchshundedienst aufnehmen.