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Gastronomie in Gütersloh und anderswo, Tischreservierungen, Reaktanz und FrustrationenZoom Button

Foto: Andrea Piacquadio, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber

Gastronomie in Gütersloh und anderswo, Tischreservierungen, Reaktanz und Frustrationen

Gastronomie in Gütersloh und anderswo, Tischreservierungen, Reaktanz und Frustrationen

Wirte seien sauer, weil Reservierer nicht kommen, heißt es. Asiatische Wirte sind dann süß-sauer, oder? Teilweise auch scharf? Oder mild? Mittel?

Das Reservieren von Tischen ist ein Unwesen, das sollte grundsätzlich unterbleiben. Bestenfalls sollte man das für Gäste tun, die man sehr gut kennt. Wenn überhaupt. Denn Erstens wird ja beklagt, dass viele dann doch nicht kommen. Und Zweitens ist das für andere sehr unangenehm, die einfach so kommen. In Alman gibt es einfach keine Ausgehkultur. Es muss alles formalisiert, bürokratisiert, elaboriert werden … und das funktioniert nun einmal nicht besonders gut, wie wir ja sehen.

Es ist sehr unangenehm, wenn man einfach mal so irgendwo hingeht (oder gar Stammgast ist) und dann an einigen (oder gar vielen) Tischen nicht Platz nehmen darf, weil sie »reserviert« sind. Das ist shice. Aber typisch deutsch. In anderen Ländern gibt es so einen Mist nicht, da kann man keine Tische reservieren. Bestenfalls haben dort manche »Großkopferten« so etwas wie ein Gewohnheitsrecht, woran sich dann alle halten.

Ein weiterer Beweis dafür, dass das shice ist, ist der: Das Unwesen der Tischreservierungen hat für eine unangenehme Eigendynamik, einen Teufelskreis gesorgt. Manche trauen sich gar nicht mehr, einfach so auszugehen, sie »reservieren« vorsichtshalber (warum? Siehe oben). Das nervt aber, sodass sie dann spontan eben doch nicht kommen wollen. Was wiederum die Wirte nervt, die dann erst Recht Reservierungen haben wollen, und die dann rechtlich verbindlich und strafbewehrt. Widerwärtig.

Dabei liegt die Lösung auf der Hand: Gar keine Reservierungen mehr machen. Das hat sowieso auch etwas Wichtigtuerisches. So gewönne die Gastronomie wieder eine Dynamik, würde allen Beteiligten mehr Spaß machen, Spontaneität könnte wachsen, was ja Sinn der Sache ist, das könnte ein Circulus virtuosus werden. Mehr Leben, mehr Lebendigkeit.

Wenn man reserviert hat, fühlt man sich unter Druck gesetzt, hinzugehen, und kann nicht mehr spontan sein (was eben das Gegenteil von Lebensfreude ist). Das führt zu Reaktanz (»Ich komme nicht, was will er machen?«) … was dann beim Wirt zu Reaktanz führt (»Der kommt nicht, der soll zahlen, ich verklage ihn«) … was dann wieder beim Gast zu noch mehr Reaktanz führt (das steht ja in dem Artikel – ein Gast sollte eine »Ausfallgebühr« zahlen und ist durchgedreht) …

Ist dann die Gastro nicht planbar? Die das Nichteinhalten der Reservierungen beklagen, sagen das. Aber gleichzeitig beklagen sie ja das Nichteinhalten – das ist also offenbar erst Recht nicht planbar. Und das soll aber alles auch nicht »planbar« sein. Jedenfalls nicht so konkret. Ein guter Wirt hat das im Gefühl, und was aus ist, ist eben aus. Er weiß in etwa, wieviel er vorhalten muss und wieviel nicht. Und er weiß auch, dass er eben nicht ein zu breites Angebot anbieten darf. Wobei es bei vielen sowieso nur eine Pseudobandbreite gibt … etwa beim »Chinesen« … das ist letztlich alles das Gleiche (die Unterschiede sind nur Nuancen) …

Die Systemgastronomie hat das Problem eher nicht, weil das meiste einfach Tiefkühlzeug ist, das ewig hält. Große Fast Food Ketten haben das Problem auch nicht, da ist alles so standardisiert, dass die Bedarfe keine große Dynamik haben.

Und noch ein Beweis: Die Weinbar Rebenstolz macht das Besagte sehr erfolgreich. Und hat eben viele Stammgäste. Eine Minikarte mit Standards, ansonsten recht spontane Wochenkarten, die dann sehr beliebt sind. Noch besser wären spontane Tagesgerichte. Damit das dann funktioniert, muss diese Dynamik halt erst einmal wieder in Gang gesetzt werden.

In den USA ist es freilich auch unangenehm: »Wait to be seated«. Bäh.

Aber in Deutschland kennt man eben auch das: Bei Volksfesten im weitesten Sinne werden Plätze mit Bierzeltgarnituren vollgerümpelt. Man geht hin, sieht ein freies Plätzchen, setzt sich: »Sie können da nicht sitzen« … »Doch, das sehen sie doch« … »Da sitzen mein Schwager und seine Frau« … »Nein, da sitze ich, das sehen sie doch« … »Der Platz ist reserviert« … »Können Sie das beweisen? Haben Sie das schriftlich? Ich habe ihn schon vor Ihnen reserviert!« … »Ähm … mein Schwager und seine Frau kommen gleich, dann müssen Sie aufstehen« … »Nein, muss ich nicht. Sollen sie woanders hingehen« … »Ich rufe die Polizei« … »Viele Grüße. Sie glauben doch nicht, dass die Polizei wegen so etwas kommt. Außerdem habe ich schon vor Ihnen reserviert. Und deshalb sitze ich ja jetzt hier. Da wo Sie sitzen, hatte ich übrigens auch reserviert. Den ganzen Tisch. Verschwinden Sie!« … 😃 … bei einigen steigt dann Rauch aus den Ohren … 😃 … ähnlich ist das »Reservieren« von Liegen am Pool mit Handtüchern … manche Gastgeber sind davon so genervt, dass sie das untersagen und alle Handtücher auf leeren Liegen einfach wegschmeißen. Recht so! Am besten verbrennt man sie.

Weinbar Rebenstolz im Türmer

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