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Foto: Pete Alexopoulos, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber

»Freitag18« und Kultur in Gütersloh und anderswo – verkehrte Welt und die Apparatschiki

»#Freitag18« und #Kultur in #Gütersloh und anderswo – verkehrte Welt und die Apparatschiki

Gütersloh, 20. April 2024

Die beliebte Eventreihe »Freitag18« der #Kulturgemeinschaft #Dreiecksplatz ist ein Paradebeispiel für das, was in der Kultur zunehmend falschläuft. War es im Allgemeinen früher so, dass sich die Veranstalter um die Künstler bemüht haben, so müssen sich heute die Künstler bei den Veranstaltern »bewerben« und werden dann ausgewählt (oder eben nicht).

Das zeigt, dass es keine grundlegenden Ambitionen und Ideen gibt. Wer »früher« einen Event kreiert hat, hatte eine Idee, einen Gedanken, und hat die Künstler ausgewählt. Es gab Beziehungen, es gab eine gewisse Dynamik, sodass auch Neues entdeckt wurde, und die Konzepte lebendig waren. Heute gibt es zunehmend »Apparate« als Monopole, bei denen sich die Künstler »bewerben« müssen. Eine Travestie der Kultur im Sinne von Kunst, an der nicht nur kommunale und regionale Verwaltungen und Behörden, sondern zunehmend auch Vereine, Locations und Clubs beteiligt sind. 

  • »Es ist eine andere Welt, in der man zwischen ›Freiheit‹ und ›Freizeit‹ nicht unterscheiden kann, ›Gesellschaft‹ sagt und ›Zielgruppe‹ meint, von einem ›Konzept› spricht und nicht einmal eine ›Idee‹ besitzt, von einer ›Idee‹ spricht und nicht einmal einen ›Einfall‹ hat«, Roger #Willemsen.

Wie konnte das geschehen? Ganz einfach: Schuld sind die #Monopolisten, insbesondere die medialen Monopolisten, sprich: das #Fernsehen. Heute das #Internet allemal. Der Masse wurde dieser Gedanke durch die sogenannten »Castingshows« eingepflanzt. Ein moderner Heinrich Mann würde den #Roman »Der Kandidat« schreiben. Wie im Jahrhundertwerk »Der Untertan« die Deutschen zu Untertanten erzogen werden, so würden in »Der Kandidat« die Künstler zu Kandidaten erzogen, die nicht aus sich heraus #Kunst und #Kultur kreieren, sondern zu Rädchen im Getriebe mutieren – zu Apparatschiki, die dann unter anderem dadurch definiert sind, dass sich ihr Status als Künstler aus ihrer Stellung im Apparat ableitet. So darf Kunst nicht sein, sonst ist es keine Kunst, sonst ist der Künstler am Ende ein Bittsteller, bestenfalls noch ein Kunsthandwerker.

Man stelle sich vor, eine namhafte Galerie oder ein Museum würde Künstler sich bei ihr (oder ihm) »bewerben« lassen – wie absurd wäre das? Kompetente Kuratoren haben Erfahrung, eine Idee, ein Konzept, das sie mit Künstlern und Werken realisieren. Sie kennen sich in der Kulturlandschaft aus, sie entdecken Künstler und Werke, und akquirieren sie. Aber keinesfalls ist es umgekehrt. Wie einfallslos und unambitioniert ist es etwa, eine leerstehende Vitrine zur »Kunstvitrine« umzutaufen, und Künstler sich dafür »bewerben« zu lassen? Wie wenig Würde muss ein #Künstler haben, dabei mitzumachen? Wie wenig Ambitionen und Know how muss ein Apparat haben, der so etwas inszeniert und zulässt?

Natürlich ist es bequem, die Macht zu haben, so etwas tun zu können. Aber mit wahrer Kunst und Kultur hat das wenig zu tun. Gute Events kreiert man, indem man die Künstler akquiriert. Wenn Events etabliert sind, und man den Fehler begeht, sich zurückzulehnen, und die Künstler »kommen zu lassen«, beginnt der Niedergang. Alle spüren das, aber niemand will es wahrhaben. Dann heißt es, der Erfolg gebe denjenigen Recht. Freilich verstehen die Monopolisten unter »Erfolg« in aller Regel Quantität und nicht Qualität. Das schließt derweil die Qualität nicht aus, aber letztlich spielt sie keine Rolle, solange die Quantität gegeben ist. Macht etwa McDonald’s das beste #Essen der Welt? Interessiert das die #Shareholder überhaupt? Würde der Konzern morgen früh mit Knetgummi doppelt soviel verdienen, gäbe es morgen früh Knetgummi statt Hamburgern.

Insofern sprechen nicht wenige Kulturexperten von einer »McDonaldisierung« der Kulturlandschaft, während andere den erwähnten Umstand der »Bewerbungen« monieren, und wieder andere von Dekadenz sprechen. Schon in den 80ern prägte »Briefmacker« Winfried Bornemann, der übrigens auch schon bei »Freitag18« auf dem #Dreiecksplatz aufgetreten ist, in seinem heute etwas dürftig wirkenden #Buch »Zu schade zum Wegradieren« den Spontispruch »Diese Dekade ist die Dekade der Dekadenz«. Alldies geht indes auch mit zunehmend nachlassender Wertschätzung für alle einher, die nicht unmittelbar dem jeweiligen »Apparat« angehören. Nicht nur die Künstler – alle werden zu Bittstellern.

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