Causa Boris Palmer: Die »AL/Grüne«-Gemeinderatsfraktion Tübingen distanziert sich
Die »AL/Grüne«-Gemeinderatsfraktion Tübingen distanziert sich von den neuerlichen Äußerungen des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer in Bezug auf das Verhalten von geflüchteten Menschen. Zuletzt ging es um einen Fahrradfahrer in einer Fußgängerzone in Ulm, der sich rüpelhaft benahm und eine dunkle Hautfarbe hatte. Für Boris Palmer kann dies nur ein Asylbewerber sein, denn ein Deutscher oder ein in Deutschland aufgewachsener Migrant würde sich seiner Meinung nach nie so benehmen. Wir sind der Meinung, dass rüpelhaftes Verhalten eher mit dem Alter einer Person im Zusammenhang steht als mit ihrer Herkunft. So benehmen sich manche jungen Männer und es sollte ihnen nicht durchgelassen werden.
Mag sein, dass der Radfahrer tatsächlich ein Asylbewerber war. Einen Rückschluss aus seinem Verhalten auf das Verhalten aller anderen Asylbewerber halten wir aber für unzulässig. Zuschreibungen aufgrund der Hautfarbe, der Herkunft und des Verhaltens und vereinfachende Verallgemeinerungen, wie sie der Oberbürgermeister hier vornimmt, führen zu Stigmatisierung und bei den Betroffenen zu Frustration und Ohnmachtsgefühl. Unsensible Äußerungen können Vorurteile und Stereotypen verstärken. Dies steht einer Integration in unsere Gesellschaft im Wege. Solche Zuschreibungen können dazu führen, dass sich das Klima in einer Stadt aufheizt, dass Fremdenfeindlichkeit zunimmt. Der Oberbürgermeister einer Stadt trägt eine besondere Verantwortung dafür, dass genau dies nicht geschieht. Er soll mit vielen anderen Bewohnerinnen und Bewohner dieser Stadt dafür eintreten, dass unsere gemeinsamen Werte von allen geteilt werden.
Ohne Frage ist Integration von geflüchteten Menschen eine Herausforderung für uns alle. Die Kommunikation darüber soll authentisch, offen und direkt geschehen, sachlich und sensibel. Das überzogene Ans-Licht-Ziehen von Einzelfällen halten wir aber für gefährlich. Dies führt nur dazu, dass populistische Positionen sich ungehindert verbreiten, dass Hetzen, Diffamieren und Ausgrenzen wieder salonfähig wird, und bewirkt am Ende das Gegenteil von dem, was eigentlich bezweckt werden sollte: Es trägt zu einer Spaltung unserer Gesellschaft bei. Wir wünschen uns vielmehr eine sachliche und inhaltliche Auseinandersetzung mit den Herausforderungen, aber auch den Bereicherungen, die Integration von geflüchteten Menschen für eine Kommune bedeutet, und keine ständigen Provokationen oder absurden Zuspitzungen.
Wir möchten auch in Zukunft gemeinsam in unserer Stadt an den Herausforderungen arbeiten, die sich uns stellen und eine nachhaltige Kommunalpolitik betreiben. Die bedeutet zum Beispiel eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung für alle Kinder zu ermöglichen. Wir wollen günstigen Wohnraum schaffen und den Kohlendioxyd-Ausstoß reduzieren. Wir wollen weiterhin Schulen sanieren und unsere Stadt fahrradfreundlicher gestalten, um nur einige Themen zu nennen. Die Integration von geflüchteten Menschen ist ein Thema unter vielen anderen; es benötigt keine ständige kritische Kommentierung durch den Oberbürgermeister.
Für die Fraktion »AL/Grüne«
Christoph Joachim, Susanne Bächer, Heinrich Schmanns