Pressemitteilung: Die EZB kauft sich mit ihrer überarbeiteten Strategie Zeit für ihren weiter expansiven Kurs
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat heute zu einem für viele überraschenden Zeitpunkt die Ergebnisse ihrer Strategieüberprüfung vorgestellt. Ursprünglich war die Präsentation erst für den Herbst angekündigt.
Mit ihrer heute vorgestellten neuen Strategie ersetzt die EZB ihre bisherige Zieldefinition einer Preissteigerung von »unter, aber nahe bei zwei Prozent« durch ein klares Zwei-Prozent Ziel. Außerdem will sie künftig vorübergehend überschießende Entwicklungen hinnehmen, wenn es zuvor Abweichungen in die andere Richtung gab.
»Die EZB hat sich in den vergangenen Jahren viel Vertrauen erworben als Garantin für stabile Preise und einen starken Euro. Mit ihrer neuen Zielformulierung macht sie deutlich, dass sie gleichermaßen inflationäre wie deflationäre Tendenzen bekämpfen will. Die neue, klarere Formulierung scheint gut geeignet, Inflationserwartungen exakter zu verankern«, so Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV).
Das neue Ziel ist zwar spitz gerechnet einen Tick höher als das bisherige, dass die EZB aber weiter grundsätzlich die Zwei-Prozent-Marke anvisiert, bewertet der DSGV-Präsident positiv. Im Vorfeld hatten auch Empfehlungen für noch deutlich höhere Zielraten im Raum gestanden. Auch dass im Preisindex künftig auch selbstgenutzter Wohnraum miterfasst werden soll, begrüßt der DSGV. Es dürfte allerdings nur eine kleine Nachkommastelle Unterschied im Inflationsausweis ausmachen. Erleichtert zeigte sich Schleweis ebenfalls, dass die EZB weiter klar das Ziel der Preisniveaustabilität priorisiert und es – anders als die Federal Reserve bei ihrer Strategieneufassung – nicht durch andere Aspekte und Nebenziele der Geldpolitik verschleiert.
Kritischer sieht der DSGV-Präsident dagegen die auch unter der neuen Strategie erhaltenen und möglicherweise sogar gewachsenen Spielräume der Notenbank, ihren expansiven Kurs auch in den kommenden Jahren weiter zu verfolgen.
»Die EZB kauft sich de facto mit ihren heutigen Festlegungen Zeit, um in der aktuellen Situation nicht so bald mit einem Umsteuern ihrer Geldpolitik reagieren zu müssen. Zu lax darf die EZB die Zielvorgabe der Preisstabilität aber auch in Zukunft nicht interpretieren. Sonst setzt sie das Vertrauen aufs Spiel, das sie sich in den vergangenen Jahren erworben hat. Einmal in Gang gesetzt, lässt sich das Karussell immer schnellerer Preis- und Lohnrunden nur mit großem Aufwand wieder abbremsen«, so DSGV-Präsident Helmut Schleweis.