Mit einer schriftlichen Patientenverfügung kann vorsorglich festlegt werden, welche medizinische und pflegerische Versorgung man für sich selbst im Not- und Pflegefall wünscht oder ablehnt. Dadurch kann sichergestellt werden, dass der Wille in jedem Fall umgesetzt werden kann – auch wenn man sich in der aktuellen Situation nicht (mehr) dazu äußern kann. Dafür müssen aber bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden und Regeln beachtet werden. Die Compass private Pflegeberatung erklärt die am häufigsten verbreiteten Irrtümer und gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Patientenverfügung.
1. Alle meine Entscheidungen müssen juristisch genau ausformuliert sein, ich weiß aber zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht genau, was ich im Ernstfall eigentlich will.
Ein Grund dafür, warum viele Menschen sich lieber nicht mit der Frage nach einer eigenen Patientenverfügung beschäftigen wollen, liegt in einer gewissen Unentschlossenheit und Unkenntnis der Sachlage. Das ist nachvollziehbar, muss aber nicht sein. Auch wenn Sie zum jetzigen Zeitpunkt keine Vorstellung davon haben (können), wie sich eine mögliche medizinische Behandlung oder Pflegesituation in der Zukunft konkret darstellen könnte, ist eine Patientenverfügung hilfreich. Grundsätzlich reicht es natürlich, Ihre Wünsche und Vorstellungen schriftlich zu definieren. Stellen Sie dabei die für Sie wichtigsten Fragen: »Wie stehe ich zum Tod und zu lebenserhaltenden Maßnahmen? Was macht mir Angst? Was möchte ich auf jeden Fall ausschließen? Was ist mir besonders wichtig?«. Ihre grundsätzliche Haltung rund um die Themen »künstliche Ernährung«, »Wiederbelebung« und »Organspende« sollten sie dabei als Anhaltspunkte für weiteres Handeln schriftlich fixieren. So können Sie am ehesten sicher sein, dass Ihren Wünschen und Vorstellungen im Ernstfall entsprochen werden kann. Insgesamt gilt: Verzichten Sie auf allgemeine Formulierungen und beschreiben Sie konkret, in welchen Situationen Ihre Patientenverfügung gelten soll und welche Behandlungswünsche Sie in diesen Situationen haben.
2. Es reicht vollkommen aus, meine Wünsche und Entscheidungen mündlich mitzuteilen!
Das stimmt nicht! Seit dem 1. September 2009 verlangt der Gesetzgeber, dass eine Patientenverfügung schriftlich von Ihnen selbst erstellt werden muss, um juristische Gültigkeit zu besitzen. Sie können dafür auch auf die Hilfe von Vordrucken oder zertifizierten Online-Anbietern zurückgreifen. Eine mündliche Absichtsbekundung gilt nicht als gültige Patientenverfügung und hat somit keinen Anspruch auf Durchsetzung. Mündliche Äußerungen sind deshalb aber nicht komplett wirkungslos, denn sie müssen bei einer eventuellen Feststellung des mutmaßlichen Patientenwillens von dem Vertreter beachtet werden. Bedenken Sie zur Verdeutlichung die Tragweite Ihrer Entscheidungen und die Pflicht zur Lebenserhaltung durch medizinisches Personal! Es geht für alle Beteiligten immerhin um nicht weniger als Leben oder Tod. Zur gegenseitigen Absicherung und auch zu Ihrer eigenen Sicherheit kann dank einer vorliegenden Patientenverfügung nur getan werden, was Sie selber entschieden haben. Eine notarielle Beglaubigung ist für die Patientenverfügung übrigens nicht notwendig. Es empfiehlt sich aber, eine Patientenverfügung gemeinsam mit einem Arzt oder einer Ärztin zu besprechen und auch von diesen unterschreiben zu lassen. Zusätzlich empfiehlt es sich auch, eine sogenannte »Vorsorgevollmacht« zu erstellen.
3. (Ehe-)Partner und Kinder sind (im Notfall) automatisch vertretungsbefugt, über meine Versorgung zu entscheiden!
Auch das stimmt nicht! Ohne eine entsprechende Vollmacht, zum Beispiel eine Vorsorgevollmacht, darf niemand Entscheidungen über Ihre Versorgung fällen. Das gilt für (Ehe-)Partner, Kinder und Ihnen nahestehende Personen gleichermaßen. Deshalb ist das Thema auch so wichtig. Eine Patientenverfügung regelt Ihre medizinische (Weiter-)Versorgung. Sie tritt aber auch erst dann in Kraft, sollten Sie zum entsprechenden Zeitpunkt keine eigenständigen Entscheidungen (mehr) treffen können. Die Vorsorgevollmacht ermächtigt zusätzlich von Ihnen ausgewählte Personen dazu, Entscheidungen für Sie zu treffen, wenn Sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sein sollten. Da sich Ihre Wünsche und Vorstellungen im Laufe der Jahre ändern können, ist es ratsam, eine Patientenverfügung von Zeit zu Zeit einzusehen und gegebenenfalls auch zu ändern. Eine bloße Kopie der Patientenverfügung ist für (Ehe-)Partner, Kinder und Ihnen nahestehende Personen übrigens nicht ausreichend. Möchten Sie Ihre Patientenverfügung mehreren Menschen zugänglich machen, müssen Sie eigene Exemplare anfertigen und auch selbst unterschreiben.
4. Meine Patientenverfügung verliert ihre Gültigkeit, wenn sie nicht regelmäßig überarbeitet wird!
Nein! Eine Patientenverfügung behält grundsätzlich ohne zeitliche Einschränkungen ihre Gültigkeit, wenn sie alle relevanten rechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Wer eine Patientenverfügung aufsetzen will, muss volljährig und einwilligungsfähig sein. Außerdem muss die Patientenverfügung schriftlich abgegeben werden und Ihre Unterschrift tragen. So ist sie auch ohne notarielle Beglaubigung oder ärztliche Unterschrift gültig. Ihre Patientenverfügung tritt nur außer Kraft, wenn man sie widerruft oder vernichtet. Solange man körperlich und geistig dazu befähigt sind, kann man seine Patientenverfügung überarbeiten und abändern oder seinen Willen, beziehungsweise das Anwenden einer Maßnahme in einer bestimmten Situation, auch auf definierte Zeiträume festlegen. Es ist nicht unbedingt erforderlich, aber empfehlenswert, im eigenen Interesse regelmäßig zu überprüfen, ob einmal getroffene Festlegungen noch gelten sollen oder eventuell konkretisiert oder abgeändert werden sollen. Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass eine Patientenverfügung im Anwendungsfall immer mit der aktuell eingetretenen Situation abgeglichen wird. Um einen möglichen Auslegungsspielraum zu minimieren, empfiehlt es sich, Ihren Willen in Bezug auf den Ernst- und Anwendungsfall so präzise wie möglich zu definieren. In diesem Fall empfiehlt sich das Hinzuziehen einer ärztlichen und juristischen Beratung.
5. Ärzte und Angehörige haben das letzte Wort und handeln gegen meinen Willen!
Falsch! Juristisch betrachtet ist die Sachlage klar, denn grundsätzlich ist eine Patientenverfügung für Ärztinnen und Ärzte bindend. Würden diese gegen Ihren Willen handeln, würde Ihr Selbstbestimmungsrecht, also mithin Ihre Menschenwürde verletzt werden. Trotzdem müssen in der Praxis mehrere Punkte bedacht werden. Im Notfall werden Patienten durch medizinisches und ärztliches Personal natürlich grundsätzlich erst einmal behandelt, denn der Erhalt Ihres Lebens ist oberste Pflicht und darüber hinaus muss das Vorhandensein einer Patientenverfügung den Handelnden bekannt sein. Es kann daher sein, dass die Anwendung einer Patientenverfügung in einer Notfallsituation erst verspätet zum Tragen kommt. Befinden Sie sich bereits in stationärer oder ambulanter Behandlung und die behandelnden Personen besitzen Kenntnis Ihrer juristisch eindeutigen Patientenverfügung, ist die Sachlage klar. Für Angehörige gilt: Liegt eine Patientenverfügung vor, dann haben ihre (Ehe-)Partner auch mit einer gültigen Vorsorgevollmacht keine Entscheidungsgewalt. Es sei denn, die Patientenverfügung lässt im entsprechend vorliegenden Fall Fragen offen, weil Inhalte oder Behandlungsmethoden irrtümlich oder falsch formuliert sind oder eventuell auch nicht erfasst wurden.
Weiterführende Informationen
Viele weitere Informationen rund um das Thema »Patientenverfügung« und die »Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase« erhalten Interessierte unter pflegeberatung.de. Außerdem bietet Compass spezielle und kostenfreie Themenblätter und Informationsmaterialen zur Bestellung oder zum Download an. Für Fragen rund um das Thema Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase können sich Interessierte auch telefonisch an Compass private Pflegeberatung wenden. Man erreicht die Pflegeexperten unter der der kostenfreien Rufnummer (0800) 1018800.
Hintergrund
Die Compass private Pflegeberatung GmbH berät Pflegebedürftige und deren Angehörige telefonisch und auf Wunsch auch zu Hause gemäß dem gesetzlichen Anspruch aller Versicherten auf kostenfreie und neutrale Pflegeberatung (Paragraph 7 a SGB XI). Die telefonische Beratung steht allen Versicherten offen, die aufsuchende Beratung ist privat Versicherten vorbehalten. compass ist als unabhängige Tochter des PKV-Verbandes mit rund 500 Pflegeberaterinnen und Pflegeberatern bundesweit tätig. Die Compass-Pflegeberaterinnen und -berater beraten außerhalb der Telefonaktion zu unseren regulären Service Zeiten zu allen Fragen rund um das Thema Pflege.