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Weserbergland profitiert bisher nicht vom Förderprojekt »digital.aufgeLaden«

Weserbergland profitiert bisher nicht vom Förderprojekt »digital.aufgeLaden«

  • Niedersachsen fördert Einzelhandel mit 2.500 Euro: Weserbergland profitiert bisher nicht vom Förderprojekt »digital.aufgeLaden«

Leere Innenstädte, Geschäftsaufgaben und immer mehr internationale Konkurrenz aus dem Internet. Der Einzelhandel in Deutschland leidet nicht erst seit der Corona-Pandemie unter schwindender Kundenbindung. Großkonzerne wie Amazon, Zalando und auch der früher nur als Katalog bekannte Konzern Otto haben mit ihren Plattformen seit Jahrzehnten den Mehrwert des Internets erkannt, sich für andere Unternehmen geöffnet und so den noch immer wachsenden Markt größtenteils unter sich aufgeteilt. Das Land Niedersachsen versucht mit einem hundertprozentigen Förderprogramm dem regionalen Einzelhandel digital unter die Arme zu greifen und bezahlt eine individuelle Digitalberatung. Doch dieses Angebot bleibt bisher im Weserbergland ungehört. 

Nutzer wollen lokal helfen – aber kaufen bei Amazon

Große Auswahl, einfacher Einkauf und schnelle Logistik sind für viele Kunden trotz der gezeigten Solidarität in den Corona-Jahren mit den regionalen Einzelhändlern auch zum diesjährigen Weihnachtsgeschäft klarer Entscheidungsgrund ihre Einkäufe eher am Handy oder PC zu erledigen. 

Das Institut für Handelsforschung Köln (IFH) hat mit dem Corona Consumer Check das Einkaufsverhalten auf digitalen Marktplätzen über die Coronakrise sich angeschaut. Das Ergebnis für die Händler mit eigener Webseite ist beschaulich: Gerade mal zwölf Prozent der Befragten kauften in der Zeit auf so einem Marktplatz ein. Gewinner mal wieder: Amazon.

Dabei ist der bereits erwähnte Wille der Käuferinnen und Käufer durchaus da: Zwei Drittel würden demnach gerne lokalen Anbietern helfen – nur ist der Einkauf auf einer extra dafür geschaffenen Plattform nicht vorhanden oder attraktiv genug. Sich separat anmelden, keine einfachen Zahlungsprozesse, dies schmälert die Bereitschaft. Meist findet man bei einer einfachen Google-Suche nach einem Produkt nicht mal den Händler um die Ecke.

Problem: Lokale Händler haben kein Warenwirtschaftssystem 

Das Land Niedersachsen hat diese Problematik erkannt und versucht nun mit einem Förderprojekt dieser Entwicklung entgegenzuwirken. »Der stationäre Einzelhandel braucht ein Digitalisierungsupdate, Niedersachsen digital.aufgeLaden unterstützt dabei«, sagt Stefan Muhle, niedersächsischer Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und #Digitalisierung. Das Land versucht mit der individuellen Förderung bei Einzelhändlern ein Bewusstsein zu schaffen, was Internet überhaupt für sie bedeuten kann. Einzelhändler, die sich digital wettbewerbsfähig aufstellen wollen und vor dem 1. März 2020 ihr Unternehmen gegründet haben, können noch bis 28. Februar 2022 die geförderte Beratungsleistung in Höhe von 2.500 Euro bei zertifizierten Partnern des Landes in Anspruch nehmen. 

»Einzelhändler stehen vor der Herausforderung auf Corona, 2G und Amazon irgendwie zu reagieren. Sie wissen aber zumeist nicht, wie Sie sich digital selbst helfen können und haben Angst aktiv zu werden. Das ist ein Teufelskreis. Hier müssen lokale Fachhändler Ihre Kompetenzen und Möglichkeiten besser und gewinnbringender nutzen«, sagt Dr. Knut Linke, zertifizierter Berater aus Tündern für das Förderprogramm zu.

»Die meisten Einzelhändler haben noch nicht begriffen, dass Internet nicht mehr nur Visitenkarte bedeutet oder Konkurrenz ist, sondern ihre einzige oft verbliebene Chance überhaupt noch im Bewusstsein der Kunden aufzutauchen«, spitzt Torben Friedrich, Geschäftsführer der »embe:ge: medienberatung« aus Hannover zu. 

Sich diesen Herausforderungen auf lokaler Ebene entgegenzustellen kann in den Augen vieler Berater nur im Verbund gelingen. Doch lokale Online-Marktplätze schaffen oft auch nicht die erhofften Erfolgsaussichten. »Manche dieser Marktplätze sind nicht mal transaktionsorientiert«, stellt der Handels-Experte Professor Gerrit Heinemann fest. Einer der Hauptgründe für den auch in Coronazeiten anhaltenden Misserfolg: Viele lokale Händler hätten gar nicht die technischen Voraussetzungen. »Laut einer Studie der IHK Bonn besitzen 76 Prozent der nicht-filialisierten lokalen Händler nicht einmal ein Warenwirtschaftssystem. Wenn ich das nicht implementiert habe, dann sollte ich eigentlich die Finger von einem Online-Marktplatz lassen, das macht keinen Sinn«, erklärt Heinemann. 

Hilfe zur Selbsthilfe – Fördergelder müssen gemeinsam abgerufen werden

Die zertifizierten Berater für das Förderprojekt »digital.aufgeLaden«, Dr. Linke und Friedrich, haben sich zusammengeschlossen, um ihrer Heimatregion im Weserbergland im Verbund zu helfen. Mit einem Brief an lokale Entscheidungsträger werben beide Experten für Digitalisierung und Marketing für die kurzfristige Teilnahme an dieser Förderung. 

»Regionale Entscheidungsträger lassen sich gern zitieren, wenn es darum geht Fördergelder für die Region zu gewinnen, aber dieser Fördertopf zieht bisher komplett unbemerkt an den Gewerbetreibenden im Weserbergland vorbei«, äußert sich Dr. Linke enttäuscht.

»Früher konnte ich in der Gärtnerei fragen, wo ich den Bastelbedarf für mein Weihnachtsgesteck herbekomme, aber der verbliebene Einzelhandel arbeitet kaum noch zusammen oder hilft sich untereinander«, stellt Friedrich fest. Kunden müssten wieder weitergereicht werden und Empfehlungen erfahren, wo Sie regional alles notwendige einkaufen könnten. Heute eben auch in einem Netzwerk im #Internet.

Da die Förderung bis zum 28. Februar 2022 eingereicht werden muss, arbeiten beide an einer schnellen und möglichst einfachen Abwicklung für Einzelhändler und hoffen auf regionale Unterstützung und Zustimmung.

»Die Besonderheit bei diesem Fördertopf ist, dass der gesamte Antragsstellungsprozess beim Berater liegt und der Einzelhändler am Ende nur die Mehrwertsteuer tragen muss, die er ja auch zurückerstattet bekommt. Eigentlich ein Weihnachtsgeschenk vom Land Niedersachsen an den regionalen Einzelhandel, aber niemand ruft es ab oder erfährt davon«, schließt Dr. Linke. 

Kommentar von Gütsel

Es zeigt sich, dass das nur wenige Einzelhändler wollen. Die allermeisten wollen und können es nicht, sie zeigen sich leider auch beratungsresistent, unbelehrbar und glauben nichts und niemandem, und wenn, dann den falschen Leuten, was letztlich zu Frustrationen und keinen oder »suboptimalen« Ergebnissen führt. Oder sie wissen es sowieso selbst alles viel besser. Wie es geht, weiß der Digitalcoach. Nicht nur der Backfire Effekt kommt hier zum Tragen, auch Dinge wie das Impertentum und die Psyche et cetera: »Die Leute lassen sich lieber zu Tode loben, als dass sie sich durch Kritik retten lassen«.

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