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Museum Peter August Böckstiegel, »Geste. Informel. Privat.«, Werke aus einer PrivatsammlungZoom Button

Fred Thieler, »Monadisch spektral«, 1956. Bild: Fred Thieler, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber

Museum Peter August Böckstiegel, »Geste. Informel. Privat.«, Werke aus einer Privatsammlung

Museum Peter August Böckstiegel, »Geste. Informel. Privat.«, Werke aus einer Privatsammlung

Am 16. Januar 2022 eröffnet die Ausstellung »Geste. Informel. Privat. Werke aus einer Privatsammlung.« im #Museum Peter August #Böckstiegel. Sie wird bis zum 24. April des Jahres zu sehen sein. Die Schau, die rund 70 Arbeiten von 20 #Künstlern des deutschen Informel präsentiert, hebt einen unbekannten Schatz und stellt diesen erstmals der Öffentlichkeit vor: eine bisher noch nie gezeigte westfälische Privatsammlung, die einen repräsentativen und qualitätvollen Querschnitt der malerisch abstrakten, gestischen Kunst im Deutschland der 1950er und 1960er Jahre zeigt. Damit öffnet sich das Museum Peter August Böckstiegel erstmals für die Kunst der Nachkriegsmoderne und führt diese – gedanklich und kunsthistorisch gesehen – weiter. Kuratiert wird die Ausstellung von Susanne Kleine. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog in deutscher und englischer Sprache im Wienand Verlag.

Werdegang der Sammlung

Das Sammlerpaar, das Teile ihrer umfangreichen Sammlung für den Zeitraum der Ausstellung zur Verfügung stellt, begann in den frühen 1990er Jahren, sich intensiv mit der gegenstandslosen Malerei der Nachkriegszeit zu beschäftigen – eine Zeit der Aufbruchstimmung, die auch ihre Jugend und ihren weiteren Lebensweg stark geprägt hat. Nach und nach erwarben sie Werke, die den Geist der deutschen Kunst dieser Jahrzehnte spiegeln. Darunter sind Arbeiten von den bekanntesten Vertretern des Informel wie Fred Thieler, Peter Brüning, Emil Schumacher, Rolf Cavael, Karl Otto Götz und Bernhard Schultze. Es sind aber auch ganz bewusst Künstler vertreten, die bisher in der Kunstgeschichte keinen ausdrücklichen Platz hatten. Und sie umfasst Werke der Informel-Künstler aus den 1970er- bis 1990er-Jahren; dieser umfassende Ansatz zeigt, dass die künstlerische Haltung kein vorübergehendes oder flüchtiges Phänomen, sondern ein anhaltendes, tiefes Bedürfnis eines Ausdrucks war. Die abstrakte Bildsprache der Informel-Künstler als Weltsprache hat bis heute Gültigkeit.

Subjektives Spiegelbild einer Epoche

Die Ausstellung stellt keinen Anspruch auf kunsthistorische Vollständigkeit; sie präsentiert stattdessen ein eindrucksvolles Spiegelbild einer malerischen Epoche und gewährt Einblick in eine private, nach subjektiven Kriterien zusammengestellte Sammlung von großer Qualität, deren Werke die verschiedenen Formen und Varianten der Abstraktion ausloten: von der gestisch und frei geschwungenen Linie über fantasievolle, harmonische Farbspiele bis hin zu geometrischen Elementen, die lose eingefügt werden. Und sie visualisiert eine künstlerische Haltung, die sich rhythmisch, intuitiv, impulsiv und vor allem dynamisch darstellt und ihre Betrachter auf sinnlicher Ebene in ihren Bann zieht.

Protagonisten der Abstraktion

Eine der Positionen, die es in dieser Ausstellung zu entdecken gilt, ist etwa der Künstler Hubert Berke (1908 bis 1979), einer der letzten Schüler Paul Klees an der Kunstakademie Düsseldorf. Berke war 1947 Mitbegründer der kulturphilosophischen Donnerstag-Gesellschaft im Rheinland und ab 1951 Mitglied der in München gegründeten Künstlergruppe ZEN 49; er gilt mit Werken wie Jazz oder auch der Arbeit Ohne Titel (beide 1952) als ein wichtiger Vertreter des lyrischen Informel: Seine Werke zeichnen sich durch eine dynamische, gestische Handschrift aus, die auch an Rhythmen und Klänge von Tanz und Musikrichtungen wie eben den Jazz erinnern.

Karl Otto Götz (1914 bis 2017), Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie von 1959 bis 1979, eröffnet einen immer größer werdenden Kosmos in der Bildfindung, um die Spannung zwischen Zufall und Ordnung auszutarieren. Seine Liebe zum Experiment, einer Formoffenheit und einem Oszillieren zwischen Formauflösung und Formerhalt kennzeichnet seine impulsive Farb- und Formensetzung, etwa im Bild Ohne Titel von 1955. Die ungemeine Dynamik und spontane Gestik, die der Bewegung mit dem Rakel inne liegt und zu schwingenden Farbwirbeln mit einem scheinbar eigenen Rhythmus und Richtungswechseln führt, lässt seine unverwechselbaren Bildstrukturen entstehen, die sich zudem durch ein gekonntes Spiel mit Bildvorder- und hintergrund auszeichnet und so eine große Tiefenwirkung hervorruft.

Ein weiterer Vertreter des Informel ist Hans Kaiser (1914 bis 1982). Das farblich kräftige, an den Expressionismus erinnernde Werk Ohne Titel von 1962 vereint die frühere Zuwendung Kaisers zu eben dieser Periode mit tachistischer Malweise (Tachismus: von frz. la tache, der Fleck). Es gehört zu den späten informellen Werken, die der autodidaktische Künstler nach einem Aufenthalt auf Ibiza geschaffen hat. Bildnerisch ausgedrückt in dynamischer und poetischer Geste entstand eine Komposition, die ein vibrierendes Farbgeflecht, ein Miteinander von leuchtenden Farbflecken und Schwarz, von offenen Formen, Linien und Tupfen spielerisch und leicht miteinander vereint. Der weiße Untergrund ist Bildraum für die ungegenständlichen, malerischen Gesten und einige wenige skripturale Zeichen. Verdichtung und Offenheit spiegeln (südländische) Natur und die feinen, schwarzen Schriftzeichen kennzeichnen die gedankliche Reflexion des Künstlers. Der Pinsel scheint mit dem Untergrund zu spielen, Licht und Farbe imaginieren Lebensfreude und den künstlerischen Neubeginn, den Hans Kaiser sich von den Aufenthalten in Spanien erhoffte und erhielt.

Zwei Fragen an Susanne Kleine, Kuratorin der Ausstellung

Das Informel steht als Sammelbegriff für einen künstlerischen Ausdruck, der sich in vielen unterschiedlichen Facetten präsentiert. Was ist das Verbindende dieser Positionen, was trennt sie voneinander?

Susanne Kleine: »Verbindend ist sicher der unbedingte Ausdruckswille in Abgrenzung zu den herkömmlichen Bildauffassungen, die Suche nach einer neuen Bildsprache, das Bedürfnis nach einer großen malerischen Freiheit. Es ist die Zeit einer neuen Abstraktion für Künstlerinnen und Künstler, die Zeit der individuellen, dynamischen Geste und Handschrift im Verzicht auf tradierte Kompositionsgesetze und eine Zeit der Pluralität an Stilvarianten. Das ist auch gleichzeitig das Trennende, wenn man es so ausdrücken möchte: Die Individualität der Geste und die Vielfalt des Ausdruckes.«

Wie können Menschen, die sich bislang eher mit gegenständlicher Kunst beschäftigt haben, Ihrer Meinung nach einen Zugang zur gestischen Malerei des Informel finden?

»Das Informel, so wie jede abstrakte Bildsprache, ist eine Weltsprache. Jeder, unabhängig vom Kulturkreis, kann sie verstehen, da sie nichts Konkretes/Gegenständliches abbildet, das gebunden ist an Wissen, Kontext, Kultur usw. Das Informel ist auch ein Ausdruck des inneren Empfindens, des Unterbewussten, des Zufälligen und damit etwas, was jeden ansprechen kann. Begriffe wie Dynamik, Rhythmik, Intuition oder Impulsivität sind uns vertraut und die Unmittelbarkeit und Energie der informellen Werke ziehen uns bis heute in ihren Bann.«

Hintergrund

Wenige Jahre nach dem Ende der Repressalien durch die Diktatur der Nationalsozialisten und dem künstlerischen Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg als Vorsitzender der »Westfälischen Sezession 1945«, starb Peter August Böckstiegel im Jahr 1951. Bis zu seinem Lebensende ist er der gegenständlichen expressiven Kunst treu geblieben. Was folgt, ist ein Gedankenexperiment: Wie hätte der westfälische Expressionist sich zur zeitgenössischen Kunst der Nachkriegsjahre verhalten, wenn er länger gelebt hätte? Wie hätte er die Entwicklung junger Künstler gesehen, mit denen er in den 1940er-Jahren noch ausstellte und die sich nach figürlichen Anfängen immer stärker der »Weltsprache der Abstraktion« öffneten? Eine Antwort auf diese – hypothetischen – Fragen wird immer im Fiktiven bleiben; den Raum der potenziellen Möglichkeiten ausloten und damit zumindest eine theoretische Annäherung an eine Antwort mag jedoch mit der Ausstellung »Geste. Informel. Privat. Werke aus einer Privatsammlung.« gelingen.

Zum Veranstaltungsprogramm

Ein umfassendes Veranstaltungsprogramm ist geplant. Öffentliche Führungen finden jeweils mittwochs von 17 bis 18 Uhr und samstags und sonntags von 15 bis 16.30 Uhr statt. Die Führungen am Wochenende beinhalten zudem auch eine Besichtigung des Künstlerhauses.

Die Tickets kosten zwei Euro (mittwochs) beziehungsweise drei Euro (samstags und sonntags) zuzüglich Eintritt von sieben Euro, ermäßigt vier Euro Eintritt. Kinder und Jugendliche bis 18 haben freien Eintritt und zahlen nur die Führungsgebühr. Eine Anmeldung für die öffentlichen Führungen ist nicht erforderlich; die Tickets können eine Stunde vor Beginn der öffentlichen Führung an der Museumskasse erworben werden. Für alle Veranstaltungen gelten die 2G-Regeln. Kinder und Jugendliche gelten während der Schulzeit als getestet.

www.museumpab.de

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