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Gütersloh: »Brass Birmingham«, Spielerezension von Hartmut Brand
Mit »Brass Birmingham« kommt in dieser Rezension mal wieder ein Spiel auf den Tisch, bei dem man sich von der imposanten Präsenz des Spiels nach dem Aufbau nicht einschüchtern lassen darf. Das Spiel ist nicht so kompliziert, wenn man die Grundmechaniken verinnerlicht hat. Ich bin grundsätzlich ein großer Fan von schön gestalteten, detailverliebten Spielbrettern und dem dazugehörigen Material. Daher hat »Brass Birmingham« bei mir damit schon die ersten Pluspunkte gesammelt.
Die Spieler bewegen sich in der Zeit von 1770 bis 1870 durch die Industrialisierung Englands, wobei sich diese 100 Jahre in eine Kanal und eine Eisenbahnära unterteilen und die Spieler in dieser Zeit versuchen, ihr Imperium durch den Aufbau verschiedener Industrien wachsen zu lassen und so am Ende der beiden Zeitabschnitte der erfolgreichste Unternehmer zu werden.
Neben dem eindrucksvollen Spielplan mit den englischen Städten, in denen wir unsere Industriezweige aufbauen können und den vorgesehenen Kanal beziehungsweise Eisenbahnverbindungen sind die Spielertableaus das Hauptaugenmerk des Spiels. Mit deren Aufbau sind die Spieler vor dem Spiel zwar 2, 3 Minuten beschäftigt, aber die Illustration entschädigt alles. Durch Ihr Tableau haben die Spieler jederzeit Überblick über die verfügbaren Industrien und können dementsprechend die weiteren Züge planen, um die eigenen Industriezweige in den Städten zu platzieren.
Züge führen die Spieler über das Ausspielen von Handkarten aus, nach dem Zug werden Karten nachgezogen und wenn das Kartendeck einmal durchgespielt wurde, endet eine Ära. So weit, so gut. Aber wie gehen wir das Ziel an, der erfolgreichste Industrielle zu werden?
Nun, die ausgespielten Karten geben nicht nur die Kosten vor, die der Spieler aufbringen muss. Nein auch der Standort der Industrie wird hiermit vorgeben. Bei Brass Birmingham wird dabei eins klar: Der Schlüssel zum Erfolg ist die Gebietskontrolle. Und dieser Aspekt, das Spiel und die Pläne der Mitspieler lesen zu müssen, um früh genug darauf reagieren zu können, ist in meinen Augen ein ganz dickes Plus. Es ist eben nicht so, dass jeder vor sich hin plant, seinen Zug macht und dann abschalten kann. Nein, die Interaktion der Spieler fordert hier durchgehend die volle Aufmerksamkeit und das macht einfach großen Spaß, auch wenn man manchen Konkurrenten auf dem Markt verflucht, wenn er einem wieder mal einen Strich durch die Rechnung gemacht hat.
Dabei ist es nicht nötig, hochkomplizierte Produktionsketten zu bilden. Aber die Nähe zu den Baustoffen Eisen und Kohle ist immens wichtig, braucht man sie doch, um überhaupt bauen zu können. Der Clou am Spielprinzip von Brass Birmingham ist jedoch, dass nicht der Spieler, der Kohle und Eisen produziert, diese Baustoffe auch automatisch benutzen darf. Hier können andere Spieler zugreifen, was zwar dem Produzenten durch Siegpunkte und Einkommen entgolten wird, die Baustoffe sind dann aber halt weg. Das schafft eine großartige Konkurrenzsituation des Beobachtens und Lauerns am Tisch.
Interessanter Aspekt am Rande ist der Festlegung des Startspielers einer Runde. Denn der, der in der vorangegangenen Runde am wenigsten ausgegeben hat, wird in der aktuellen Runde zum Startspieler.
Ein Aspekt von Brass Birmingham, den ich zuletzt bei Monopoly erlebt habe, als mich mein Vater ständig in den Ruin getrieben hat, ist der Kredit. Bei Brass Birmingham ist es möglich, als Aktion einen Kredit aufzunehmen. Wie im richtigen Leben wird auch bei Brass Birmingham der ungeduldige Kreditnehmer selten mit langfristigem Erfolg belohnt. Es ist also nicht einfach nur die Möglichkeit, schnell als finanzielle Mittel zu kommen. Es ist auch die Abwägung, ob esich das Risiko auch lohnt.
Ich muss zugeben, dass ich mir in den ersten beiden Partien wirklich oft die Haare gerauft habe, denn erst wenn man mehrere Partien Brass Birmingham gespielt hat, erkennt man, wie wichtig es ist, nicht nur den aktuellen Zug zu planen, sondern zum Beispiel auch in der Kanal Ära schon an die Eisenbahn-Ära zu denken. Dort ziehen die Preise gehörig an und vieles, mit dem man anfangs noch arbeiten konnte, ist dann weg. Wir haben nicht selten in unseren Partien erlebt, dass das Spiel in der zweiten Hälfte eine gravierende Wendung nahm, wenn am Ende dann doch der weitsichtigste Spieler die Oberhand behielt.
Wer Brass Birmingham im Spieleschrank hat, kann jeder Zeit ein interessantes Spiel auf den Tisch holen, dass mit jeder Partie, die man spielt, an Spielspaß gewinnt. In meinem Spieleschrank liegt es auf jeden Fall immer in Griffhöhe.
Hartmut Brand, Escape Room News Center
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