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Auf Betonplatten aufgebracht sind die Bilder des Bielefelder Fotografen Veit Mette bis zum 24. Februar Teil des Dreiecksplatzes. Zur Eröffnung sprach Mette selbst über die Intention des Projektes: »Auf einmal steht man auf einem Ort, an dem bewusst wird, dass eine ganze Kultur in dieser Stadt ausgelöscht worden ist.«, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber

Gütersloh: »Re-mem-ber«, Erinnerung ins Bild gesetzt

Gütersloh: »Re-mem-ber«, Erinnerung ins Bild gesetzt

  • Ein Projekt zum internationalen Holocaust Gedenktag, Fotomotive vom Jüdischen Friedhof an der Böhmerstraße werden bis zum 24. Februar 2022 auf dem Dreiecksplatz gezeigt. 

Gütersloh (gpr) Donnerstag, 27. Januar 2022, 14.30 Uhr. Auf dem Dreiecksplatz haben sich über 30 Personen zur Ausstellungseröffnung »re-mem-ber: Erinnern für die Zukunft« eingefunden, ein Projekt, das anlässlich des Internationalen Holocaust Gedenktags an die jüdische Gemeinde in Gütersloh erinnern soll, die seit dem mörderischen Abbruch des jüdischen Lebens durch die Nationalsozialisten nicht mehr existiert.

Andreas Kimpel, Beigeordneter für Kultur und Weiterbildung, eröffnete die Ausstellung und begrüßte alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch im Namen von Bürgermeister Norbert Morkes. »Wir stehen hier an einem sehr zentralen Ort unserer Stadt, mit viel Soziokultur, inhabergeführten Geschäften und Publikumsverkehr – dem Dreiecksplatz. Mit dem Fotoprojekt ›re-mem-ber: Erinnern für die Zukunft‹, wollen wir einen innenstadtnahen, aber zugleich fast vergessenen Ort an den Dreiecksplatz bringen: den Neuen Jüdischen Friedhof an der Böhmerstraße.«

Friedhof als Symbol für die Geschichte der jüdischen Gemeinde

Der Kultur-Beigeordnete präsentierte Fakten: »Mit seinen 66 Grabsteinen und zusätzlichen Gedenksteinen wurde der Friedhof im Jahr 1988 in Liste der Baudenkmäler der Stadt aufgenommen. Er ist einer der letzten Zeugnisse jüdischen Lebens in Gütersloh. Es ist die Geschichte von Assimilation, einer beginnenden Ausgrenzung bis hin zur Auslöschung dieser Gemeinschaft im Nationalsozialismus« …

Kimpel ging auf die Historie der jüdischen Gemeinde in Gütersloh ein, die über 222 Jahre, von 1721 bis 1943, existiert hat. 1867 hatte Gütersloh 4.157 Einwohnerinnen, von denen 75 jüdischen Glaubens waren. Als der alte jüdische Friedhof an der Herzebrocker Straße voll belegt war, wurde unter dem Gemeindevorsitzenden Josef Herzberg 1866 auf einem freien Feld abseits der Böhmerstraße die neue Begräbnisstätte angelegt. 1896 erreichte die Gemeinde mit 96 Personen ihre höchste Mitgliederzahl. Trotz Diskriminierung und Anfeindungen durch den aufkommenden Nationalsozialismus lebten 1933 noch 58 Jüdinnen und Juden in Gütersloh – ein Großteil von ihnen wurde in den Konzentrationslagern umgebracht oder ihre Spur verliert sich in den Ghettos und Todeslagern im Osten.

»Eine ganze Kultur ist ausgelöscht worden«

Veit Mette arbeitet seit 1990 als freier Fotograf in Bielefeld. Neben seinen Arbeiten für Zeitschriften, Magazine und Unternehmen ist er vor allem für seine fotografischen Arbeiten im öffentlichen Raum bekannt und erhielt 2015 den Kulturpreis seiner Stadt. Zur aktuellen Präsentation der 16 Motive auf den ausgelegten Betonplatten, die bis zum 24. Februar 202 eine Kathete des Dreiecksplatzes flankieren, nahm Veit Mette persönlich Stellung: »Ich habe mich zwei, drei Tage auf dem Neuen Jüdischen Friedhof bewegt und fotografiert. Auf einmal steht man auf einem Ort, an dem bewusst wird, dass eine ganze Kultur in dieser Stadt ausgelöscht worden ist«, sagt der Fotograf. »Bei meiner Auswahl habe ich mir überlegt, dass ich nicht einzelne Personen in den Vordergrund nehme, weil ich ihre Geschichten gar nicht erzählen kann. Und man stellt fest, dass man mehr Fragen als Antworten hat.« Es seien die Zeichen einer Vergangenheit, die hier wahrnehmbar würden. Der Titel »re-mem-ber« sei in der phonetischen Lautschrift begründet. Darin stecke das englische Wort »member«, und es solle darauf hinweisen, »dass die ›Mitglieder‹ der jüdischen Community ausgelöscht worden sind«.

Mette hat auch das Format motiviert: Von Anfang an sei es seine Überlegung, gewesen mit den Bildern hinaus in die Stadt zu gehen, um die Menschen zu erreichen, die hier entlanggehen und zur Aufmerksamkeit und Auseinandersetzung anzuregen. Die Musikerin und Sängerin Ramona Kozma sorgte für ein atmosphärisches Rahmenprogramm und stimmte mit ihren Beiträgen auf die jiddische Lebensart und Kultur ein. 

Vor der gemeinsamen Exkursion zum Friedhof, die von der neuen Leiterin des Stadtarchivs, Julia Kuklik, angeboten wurde, stellte Andreas Kimpel den Dreiecksplatz in den Blickpunkt: »1873 zog der Viehhändler Josef Meinberg mit den Eltern Samuel und Bertha Meinberg von Harsewinkel nach Gütersloh. 1909 wohnte er mit seiner Familie im Haus Feldstraße 25. Am Morgen des 10. November 1938 wurde das Haus von #Nationalsozialisten angezündet und zerstört.«

Teil der Erinnerungskultur

Kimpel stellte die Fotos auch in den Zusammenhang des Kulturentwicklungsplans, von dem die Erinnerungskultur ein Teil ist. In diesem Jahr, so Kimpel, ständen die ersten öffentlichen Foren für die Fortschreibung der Gütersloher Stadtgeschichte oder die Veröffentlichung eines Konzepts zur Erinnerungskultur auf der Agenda. »Mit der Ausstellungseröffnung von ›re-mem-ber: Erinnern für die Zukunft‹ haben wir den ersten Schwerpunkt in diesem noch jungen Jahr setzen können«, betonte er und bedankte sich bei allen Beteiligten und auch für die beratende und ideelle Unterstützung von Seiten des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden Westfalen-Lippe. Dieser in Dortmund ansässige Verband hat die Verwaltung des Gütersloher Friedhofs inne. Ab Montag, 14. Februar 2022, schließt sich bis zum 4. März die Indoor-Fotoausstellung zum Neuen Jüdischen Friedhof im Stadtarchiv an.

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