Emailbeschlag des heiligen Petrus, gefunden in Attendorn. Ein seltener, hochmittelalterlicher Sondenfund. Foto: T. Poggel, LWL Archäologie für Westfalen, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber
Sondengeher beschert LWL Archäologie südlichsten Nachweis steinzeitlicher Rentier Jäger in Westfalen
Meinerzhagen (lwl) Auch für den Süden Westfalens lassen sich jetzt altsteinzeitliche Rentierjäger nachweisen: Ein ehrenamtlicher Sondengänger aus Attendorn hat den Archäolog:innen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) eine Pfeilspitze aus Meinerzhagen (Märkischer Kreis) präsentiert. Es ist der seit langem aktuellste Fund dieser Art, außerdem sondern zudem der südlichste Beleg in Westfalen.
Als Rentiere durch Meinerzhagen zogen
Den seit langer Zeit ersten Beweis dafür, dass während der späten Altsteinzeit vor etwa 12.000 Jahren im Raum um Meinerzhagen Rentiere gejagt wurden, liefert eine Pfeilspitze. Entdeckt hat sie Sondengänger Marcel Stipp südöstlich von Meinerzhagen-Valbert, südlich des Kamms des Ebbegebirges.
»Wir vermuten, dass die Rentierjäger während des Frühjahrs oder im Herbst die Herden hier erwarteten, als sie den 600 Meter hohen Mittelgebirgskamm passierten«, erklärt Prof. Dr. Michael Baales, Leiter der Olper Außenstelle der LWL-Archäologie. Die Klinge besteht aus grauem Baltischen Feuerstein, der etwa 50 Kilometer nördlicher im Ruhrgebiet zu finden ist. Er wurde zu einer sehr typischen Pfeilspitzen-Art, einer sogenannten Stielspitze, weiterbearbeitet.
»Jeweils eines Teils der Kante auf beiden wurde stumpf gemacht, dadurch entstand ein kurzer Stiel, der von dem längeren Blatt deutlich abgesetzt ist. Die Spitze ist durch die Bewegungen im Acker nur leicht beschädigt«, sagt Baales.
Derartige Pfeilspitzen sind typisch für die spätaltsteinzeitliche, sogenannte Ahrensburger Kultur, die vor rund 12.000 Jahren im nördlichen Mitteleuropa existierte. »Die Menschen bejagten damals die Rentierherden, die im Frühjahr in die Mittelgebirge zogen«, so Baales.
Das wissen die Fachleute dank eines der wichtigsten westfälischen Fundorte dieser Zeit, dem Hohlen Stein bei Rüthen-Kallenhardt. Für den LWL Archäologen hat der Fund der Pfeilspitze auch eine persönliche Bedeutung, denn vor genau 30 Jahren hat er im Rahmen seiner Dissertation die Funde des Hohlen Steins bearbeitet.
»Ich finde es toll, dass dieser neue Fund die Verbreitung der Ahrensburger Kultur nun auch für das südliche Sauerland belegt; dies ist zudem der erste Neufund dieser Art in den 20 Jahren, seit ich in Olpe bin«, so Baales.
Nicht nur Profis finden forschungsrelevante Objekte
»Es ist interessant, welche Erkenntnisse solch ein auf den ersten Blick unscheinbarer Fund ermöglicht«, freut sich der ehrenamtliche Sondengänger und Pfeilspitzen-Entdecker Marcel Stipp.
Stipp bringt einige Erfahrung mit und hatte gleich erkannt, dass es sich um eine gestielte Pfeilspitze handelt. Vor einigen Jahren hat er begonnen, mit der Metallsonde Funde zu bergen und interessante Stücke entdeckt, darunter einen hochmittelalterlichen Buntmetallbeschlag des Apostels Petrus, der einst auf einem Kreuz befestigt war. Ein sehr seltener Fund, nicht nur in Südwestfalen.
Doch Stipp hatte zuletzt auch ein gutes Auge für verschiedene Steingeräte aus der Urgeschichte. Jungsteinzeitliche Steinbeile aus Quarzit und Pfeilspitzen aus Feuerstein oder geometrische Pfeilspitzen der Mittelsteinzeit hat er mittlerweile schon einige bergen können und so ganz neue Fundstellen im Raum Attendorn-Meinerzhagen entdeckt.
»Die Fortschreibung der ältesten Landesgeschichte Westfalens profitiert außerordentlich vom Engagement ehrenamtlicher Mitarbeiter:innen, die ihre Region kennen und Funde melden«, betont Baales. Seit etwa 20 Jahren sind hier verstärkt Metallsonden im Einsatz, die eine solche Anzahl an Objekten zutage fördern, dass die #LWL #Archäologen sie kaum noch bearbeiten können. So waren im Regierungsbezirk Arnsberg Ende 2020 etwa 300 lizensierte - also mit einer Genehmigung ausgestattete – Sondengehende registriert, ein Jahr später schon 400. Dagegen nimmt die Zahl der klassischen Fundmelder:innen, die auf den Ackerflächen mit bloßem Auge Fundobjekte suchen, steig ab.
»Mittlerweile sind es nur noch eine Hand voll. Umso erfreulicher ist es, wenn Sondengehende auch die nichtmetallischen Fundkategorien wie Keramikscherben oder Steingeräte berücksichtigen. Marcel Stipp ist so einer«, sagt Baales.