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Diakonie Verband Brackwede, »Neue Schanze«, Netzwerken gegen Einsamkeit und KriegsangstZoom Button

Bettina Platzbecker, Leiterin des Begegnungszentrums und Servicezentrums »Neue Schanze« in Brackwede, ist oft erste Ansprechpartnerin für Senioren sowie für deren Angehörige. Mit ihrem Netzwerk erarbeitet sie für jeden Einzelfall eine möglichst passende Lösung. Foto: Diakonie Verband Brackwede, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber

Diakonie Verband Brackwede, »Neue Schanze«, Netzwerken gegen Einsamkeit und Kriegsangst

Diakonie Verband Brackwede, »Neue Schanze«, Netzwerken gegen Einsamkeit und Kriegsangst

  • Was das Begegnungszentrum in der Pandemie leistet (Teil 4 der Serie)

Bielefeld Brackwede, 6. April 2022

Digitale Medien können älteren Menschen helfen, weiter soziale Kontakte in der Pandemie zu pflegen. Doch für die hochbetagten Gäste des Begegnungs- und Servicezentrums »Neue Schanze« in Brackwede gilt das eher nicht: »Die Allermeisten sind zwischen 80 bis 95 Jahre alt«, erklärt Leiterin Bettina Platzbecker. »Sie möchten lieber persönlich in Kontakt bleiben.«

Die #Pandemie stellt eine der größeren Herausforderungen für die »Neue Schanze« seit ihrer Gründung vor 40 Jahren dar. Schließlich betreut der Diakonie Verband Brackwede hier Seniorinnen und Senioren, die durch das Virus besonders gefährdet sind.

36 Ehrenamtliche helfen mit

»Die Menschen bei der Stange halten und sie aus der Einsamkeit herauslocken mit den Möglichkeiten, die sich bieten.« Dieses Motto haben sich Bettina Platzbecker und ihr Team aus inzwischen 36 Ehrenamtlichen zu eigen gemacht. Dabei handelten sie in einem großen Netzwerk. Unter anderem zählen dazu der »Runde Tisch Begegnung Brackwede«, der »Kooperationskreis Alter«, der »Brackweder Frauentreff« und nicht zuletzt die Quartierssozialarbeiter der Stadt Bielefeld.

Die Ausgangslage

Mit Corona wuchs die Einsamkeit unter den alten Menschen: »Manchmal waren der Einkauf, der Besuch beim Physiotherapeuten oder beim Arzt die einzigen Kontakte für sie«, erinnert sich Bettina Platzbecker an die Zeit seit Mitte März 2020. »Und wer ein Smartphone besaß, nutzte es oft nur, um mit den eigenen Kindern zu sprechen.« #Online #Treffen waren daher, anders als bei den »jüngeren« Teilnehmer im »Treffpunkt Alter«, keine Option.

Telefonische Kontaktbrücke, Spaziergänge und mehr

Daher fuhr die »Neue Schanze« zweigleisig: Zum einen setzte sie auf das Telefon. Sie belebte die »telefonische Kontaktbrücke« wieder, bot zweimal pro Woche eine telefonische Sprechstunde an und koordinierte beispielsweise ein Gedächtnisquiz.

Zum anderen organisierte sie Treffen in Präsenz. Beispiele: Ein Begleitdienst, bestehend aus 7 Frauen und 1 Mann, unternahmen Spaziergänge mit einzelnen Personen. Die Sitzgymnastik, eins von vielen Freizeitangeboten der »Neuen Schanze«, wurde kurzerhand nach Draußen verlegt. Zum Klönen bestand ebenfalls Gelegenheit an der frischen Luft, etwa bei einer »Bücher Tauschaktion« vor dem Haus zum »Tag des Buches«. Weitere Aktivitäten lassen sich auf der Website nachlesen.

Ergänzend ging Bettina Platzbecker hinaus ins Stadtzentrum und ins Quartier. Sie organisierte eine Waffelback- und Verteilaktion, beteiligte sich an den Bollerwagen-Aktionen des Kooperationskreises Alter, die anstatt des Cafés »auf halber Treppe« unter anderem an der Rostocker Straße und am Spielplatz Auf der Siegenegge stattfanden. Gemeinsam mit den Stadtteilkoordinatoren – ebenfalls Mitarbeiter beim Diakonie Verband Brackwede – führte sie in der Adventszeit oder auch zum »Tag der Komplimente« Gespräche an der Hauptstraße.

Andachten mit Verstärkern vor den Häusern im Quartier wurden ebenfalls gut angenommen

Die Seniorenhilfe leistete Unterstützung in Bereichen, in denen persönliche Kontakte vermeidbar waren: Die ehrenamtlichen Helfer montierten Kellerregale, reparierten Fahrräder und pflegten Balkonkästen. Bewährt haben sich seit zwei Jahren auch die Einkaufshilfen im Rahmen der »Baumstarken Nachbarschaften«: Die »Neue Schanze« vermittelt sie in Absprache mit der Stadt Bielefeld und der AWO.

»Alle haben wir nicht mehr erreicht«

Zu Ostern und zu Weihnachten schrieb Bettina Platzbecker Briefe an die Senioren. Dennoch: Trotz aller Bemühungen seien ihr Gäste »abhandengekommen«; schätzungsweise zehn bis 20 Prozent. »Alle haben wir nicht mehr erreicht«, sagt die Leiterin der »Neuen Schanze«. »Einige zogen sich aus Angst vor Corona zurück und andere, weil bei Telefonaten das Hörgerät nicht funktionierte.«

Weitere Präsenzveranstaltungen starten

Umso wichtiger war es, dass im Juli 2021 das Café in der »Neuen Schanze« wieder öffnen konnte, 6 Monate nach der Schließung in der Weihnachtszeit 2020. Aktuell dürfen Gäste mit Voranmeldung vorbeikommen. Es gilt die 2G-Regel. Die Maske bleibt auf. Nur zum Kaffeetrinken darf sie abgenommen werden. Man sieht sich wieder und redet miteinander. Man spielt gemeinsam Bingo oder ein Frühlingsquiz.

Zu den Veranstaltungen, die bereits wieder im Haus möglich sind, zählen auch das Töpfern, die Frauen- Schreibwerkstatt, der Näh- und Strickkreis, alle Sportangebote, das Frühstück und nicht zu vergessen der dienstägliche Themennachmittag, mit abwechslungsreichem Programm.

Spätestens jetzt bewährt sich der 107 Quadratmeter große Saal im Servicezentrum und Begegnungszentrum des Diakonie Verbandes Brackwede. Maximal 20 Personen dürfen gleichzeitig in dem Raum sein, der bequem Platz für 60 bis 70 Personen bieten würde.

Im Frühling eröffnen sich neuen Möglichkeiten draußen, zum Beispiel beim Grillen am 12. April 2022.

Das Thema Einsamkeit bleibt aktuell

Seit dem 20. März 2022 gelten weitere Lockerungen durch Bund und Länder. Hat sich damit das Thema Einsamkeit für alte Menschen erledigt? »Nein, gar nicht«, sagt Bettina Platzbecker. »Die Leute kommen nur langsam wieder zu uns. Viele haben weiter Angst vor einer Infektion. Und wenn sie von den hohen #Corona Fallzahlen hören, verstehen sie gar nicht, warum jetzt überhaupt gelockert wird.«

Außerdem erreichen Bettina Platzbecker nach wie vor Anrufe wie dieser eines 65 jährigen Herrn, der sagt: »Ich bin so einsam. Ich weiß gar nicht, ob sich mein Leben noch lohnt. Kann jemand bei mir vorbeikommen?«

Die Leiterin des Servicezentrum und Begegnungszentrums ist häufig erste Ansprechpartnerin. Sie versucht, über ihr Netzwerk für jeden Einzelfall die passende Lösung zu finden. Das können der Begleitdienst und andere Service-Angebote aus dem eigenen Haus sein. Manchmal werden aber auch die gerontopsychiatrische Tagesklinik an der Moltkestraße mit einbezogen, die Tagespflege in Bethel oder die Quartierssozialarbeiter der Stadt.

Reden über Kindheitserinnerungen aus dem 2. Weltkrieg

Und schließlich legt sich das Thema Krieg wie Blei auf die Gemüter. Bei so manchen Hochbetagten werden eigene Erfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg wach. Sie brauchen jemanden, mit dem sie reden können. Um Ängste abzubauen, bietet das Begegnungszentrum zusammen mit dem Treffpunkt Alter Gesprächsrunden an, mit Karten, die zum Erzählen über Hoffnungen und Sorgen anregen.
 
Alle aktuellen Veranstaltungen des Begegnungs- und Servicezentrums »Neue Schanze« finden sich auf der Website des Diakonie Verbands Brackwede.

Einsamkeit, »eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe«

Alle Altersgruppen können von Einsamkeit betroffen sein. Jedoch stehen ältere Menschen nach Angaben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) im Vordergrund. Besonders bei den über 80 Jährigen bestehe »ein deutlich höheres Risiko einer sozialen Isolation, wenn zahlreiche andere Problemlagen dazukommen«. Das können Schicksalsschläge und Krankheiten sein, aber auch einfach die schwindende eigene Beweglichkeit, zu wenig Mobilitätsangebote etwa in den Stadtteilen oder auf den Dörfern, Altersarmut und nicht zuletzt ein Migrationshintergrund, so das Ministerium. Betroffene benötigten Hilfe, um »aus ihrer Vereinsamung und aus sozialer Isolation herauszufinden.« Dies sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Eine Studie ist online verfügbar.

Diakonie Verband Brackwede

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