»Gestaltung als Prozess« ist eine mehr als 400 seitige Auseinandersetzung mit dem Designprozess. Masterabsolventin Sarah Fyrguth (Kommunikationsdesign) befasste sich mit konkreten Entscheidungen und Ideen hinter Designs. Foto: Sarah Fyrguth, weitere Fotos: M. Reicke, FH Bielefeld, Serafima Rayskina, Paul Feldkamp, Susan Wright, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber
»Dream Factory« auf Sinnsuche: die aktuelle Werkschau des Fachbereichs Gestaltung der FH Bielefeld, 27. bis 29. Januar 2023
Bielefeld, 26. Januar 2023
Selbstfindung, Erkenntnisgewinn, die Suche nach der eigenständigen künstlerischen Position – das ist die Werkschau des Fachbereichs Gestaltung der FH Bielefeld aus dem Wintersemester 2022/2023, die vom 27. bis zum 29. Januar 2023 in den Räumen der Lampingstraße zu sehen ist.
So verschieden die Themen und die gestalterischen Techniken auch sind – ein Großteil der Abschlussarbeiten auf der aktuellen Werkschau am Fachbereich Gestaltung der Fachhochschule (FH) Bielefeld ist geprägt von Suchbewegungen. Gesucht wird nach Erkenntnisgewinn, nach Selbstfindung und nach dem Standpunkt der eignen gestalterischen Position. Ab Freitag, 27. Januar 2023, 18 Uhr, sind die Werke von 18 Bachelorabsolventen und 10 Masterabsolventen der Studienrichtungen »Digital Media and Experiment«, »Kommunikationsdesign«, »Fotografie und Bildmedien« sowie »Mode« in den Räumen der Lampingstraße zu sehen. Großplakate haben die Werkschau in der Stadt bereits angekündigt, die unter anderem mit künstlich generierten Wolken dem kreativen Geist Ausdruck verleihen.
Entwerfen von Luftschlössern: Dekan zitiert John Lennon
»Braucht es nicht insbesondere in dauerkrisengeplagten Zeiten Worte und Visionen, an denen man sich wärmen und erfreuen kann?« Beim Blick auf die aktuellen Abschlussarbeiten greift Dekan Prof. Dirk Fütterer auf John Lennons sehnsuchtsvolle Friedenshymne »Imagine« zurück und fragt rhetorisch: »Auch wenn Friede kaum mehr als ein schöner Menschheitstraum geblieben ist, sollten wir deshalb aufhören zu träumen?« Träume seien mehr als Schall und Rauch, das Planen und Entwerfen von Luftschlössern harte Arbeit. Der Fachbereich habe sich mit den aktuellen Arbeiten als »Dream Factory« erwiesen. »Unter Einsatz eigener und künstlicher Intelligenz haben die Absolventinnen und Absolventen den notwendigen geistigen Freiraum gefunden, um ihren Träumen von einer veränderten, erweiterten, besseren oder menschlicheren Welt Ausdruck zu verleihen«, so Prof. Fütterer.
»Die aktuellen Abschlussarbeiten belegen dabei vielfach ein Studium im besten Sinne: eine Lust an der intensiv forschenden Beschäftigung mit einem Thema – manchmal auch mit sich selbst«, beschreibt Prodekanin Prof. Patricia Stolz ihren Eindruck. Früher seien Arbeiten häufig stärker von konkreten Anwendungsbezügen geleitet gewesen, gleichsam als Nachweis für die benötigten Fertigkeiten im künftigen Beruf. Möglicherweise seien heutige Absolventinnen und Absolventen angesichts guter Chancen auf dem Arbeitsmarkt mutiger und radikaler bei der Wahl ihres Abschlussthemas. »Vielleicht haben Sie deshalb den Mut, sich stärker eigene Themen zu setzen, an denen sie sich erproben, beweisen und behaupten können. Das Planen und Umsetzen der Abschlussarbeit können wir in gewisser Weise als emanzipatorischen Prozess beschreiben.«
Exemplarisch im Folgenden einige Erläuterungen zu ausgewählten Abschlussarbeiten des aktuellen Wintersemesters
Studienrichtung Digital Media and Experiment: »Wann kamst du an?« von Serafima Rayskina
Serafima Rayskina thematisiert in ihrer Masterarbeit das Ankommen als Migrantin in Deutschland. Ihren Essayfilm widmet sie einer Erstaufnahmeeinrichtung – also dem Ort, an dem viele Männer, Frauen und Kinder ohne europäischen Pass Deutschland zunächst kennenlernen. Ausgehend von der persönlichen Migration beleuchtet Rayskina Situationen und Atmosphäre der Erstaufnahmeeinrichtung der Landesstelle Unna Massen. Der Film arbeitet mit Archivfotografien und bildet den Alltag der Wartenden an dem Transitort ab, der nicht zum Verweilen vorgesehen ist. Die Bilder zeigen Irritationen der Migrationserfahrung: Zwischen Russisch, Deutsch und Verwaltungssprache entsteht eine »poetische« Auseinandersetzung mit der Ankunft.
Studienrichtung Mode: »The Roses of Palace« von Bahareh Razavi
Die Kollektion von Bahareh Razavi verbindet historische sowie surreale Elemente. Dabei greift sie auf Motive östlicher und westlicher Kunst zurück. Eine Besonderheit liegt darin, dass Razavi die Kleidungsstücke vollständig aus Secondhand-Kleidung entworfen hat. Ausgangspunkt der Abschlussarbeit war die Beschäftigung mit Bewohnerinnen eines Harems während der Naseri-Ära im 18. Jahrhundert in Teheran. Haremsdamen trugen damals elegante, mit Stickereien und wertvollen Juwelen verzierte Kleider. Die Schnitte basierten auf einfachen geometrischen Formen. Beispielsweise wurde für einen Rock ein meterlanges Rechteck genutzt, das in Falten gelegt wurde. Auch wurden ältere Kleidungsstücke zu neuer Kleidung umgearbeitet, quasi eine frühe Form des Upcyclings. In ihrer Kollektion setzt Bahareh Razavi traditionelle iranische sowie europäische Stickereitechniken ein. Bei einigen Kleidungsstücken sind wie in den historischen Vorlagen echte Goldfäden verarbeitet.
Studienrichtung Kommunikationsdesign: »Spaziergang im Herbst« von Paul Feldkamp
Mit dem Untertitel »Eine romantische Reise durch die Endzeit« umreißt Paul Feldkamp in einem Comic das Thema seiner Masterarbeit. Seit Anbeginn der Zeit hat sich die Menschheit mit ihrem unausweichlichen Ende beschäftigt. Da die Apokalypse bis zu ihrem Eintreten aber immer eine Fantasie sein wird, bleibt sie vor allem ein Spiegel unserer Lebensrealität. Gleichzeitig befreien Gedanken einer Apokalypse von Zwängen der Gesellschaft. Auch wenn die neue Welt ein harter, finsterer Ort sein mag, so können wir sie laut Feldkamp doch zumindest in ihrer Gänze erfassen und vielleicht sogar unseren Platz darin verstehen. So gesehen wohne dem Endzeitgenre sogar ein romantisches Element inne. Diesem Gedanken folgend, begibt sich Feldkamp auf eine zeichnerische Reise durch die Endzeit. Ebenso wichtig wie das behandelte Thema ist dabei die formelle Erforschung des Mediums Comic. Gänzlich ohne Worte werden Ausdrucksformen der sequenziellen Kunst erkundet.
Studienrichtung #Fotografie und Bildmedien: »Freiflug« von Susan Wright
In unserer modernen, säkular geprägten Gesellschaft verlieren institutionelle Religionen zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig ist die Sehnsucht nach Sinn und Spiritualität ungebrochen. Eine spirituelle Strömung, die eine Alternative zu den großen Weltreligionen anbietet, ist das Hexentum. In ihrer Bachelorarbeit »Freiflug« setzt sich Susan Wright mit dem modernen Hexentum im deutschsprachigen Raum auseinander. Sie versucht, über die Fotografie eine mögliche Antwort darauf zu finden, was eine moderne Hexe ausmacht und welche Weltanschauungen sich hinter dem zeitgenössischen Hexentum verbergen. Dazu hat sie spirituelle Orte in der Natur, aber auch Wohnräume von Hexen aufgesucht. Die Fotografien zeigen Landschaften und Interieurs, Handlungen und Gesten. Zu sehen sind rituelle Gegenstände, die zum Teil mit spiritueller Bedeutung aufgeladen sind. Das aus der Arbeit hervorgegangene Fotobuch versammelt darüber hinaus von Hexen verfasste Texte und dokumentiert Antworten auf die Frage, was eine Hexe ist.
Werkschau Wintersemester 2022/2023
Die Eröffnung der Werkschau und die Verabschiedung der Absolventinnen und Absolventen des Fachbereichs Gestaltung der FH Bielefeld findet am Freitag, 27. Januar 2023, um 18 Uhr bis gegen 24 Uhr, statt. Im Gebäude an der Lampingstraße werden 18 B. A. und 10 M. A. Abschlussarbeiten gezeigt. Am Samstag, 28. Januar 2023, ist die Werkschau von 11 bis 18 Uhr geöffnet, am Sonntag, 29. Januar 2023, von 11 bis 17 Uhr. Außerdem sind die Arbeiten integriert in die #Werkschau #Website, die Semester für Semester weiter bestückt, mehr …