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Im spektakulären Fall des Gütersloher Rechtsanwalts und Betreuers O., der sich seit Juni wegen des Verdachts der Untreue in Untersuchungshaft befindet, kommen immer neue Einzelschicksale an die Öffentlichkeit. Die Ermittlungsakte der zuständigen Staatsanwaltschaft ist mittlerweile rund 1.500 Seiten stark, der Schaden beläuft sich nach bisherigem Kenntnisstand auf mehr als eine Million Euro. Rechtsanwalt O. wird vorgeworfen, überhöhte Mieten und Nebenkosten kassiert und die Zwangslage seiner Betreuten ausgenutzt zu haben. Der Gütersloher Rechtsanwalt und Berufsbetreuer steht darüberhinaus unter dem ungeheuerlichen Verdacht, seit Jahren Mandantengelder- und vermögen unterschlagen zu haben. Waltraud Karp, Leiterin eines Gütersloher Pflegedienstes, hat im Herbst vergangenen Jahres Anzeige gegen O. wegen Untreue und Körperverletzung erstattet. Mit erstaunlichem Kalkül soll O. im Falle des Klienten Reinhold S., den er betreute, dessen Vermögen geplündert haben. Er habe Schuldscheine gefälscht und nicht notwendige Renovierungen auf Kosten von Reinhold S. durchführen lassen – Reinhold S. sei so sein gesamtes Vermögen genommen worden: ein Haus im Wert von über 200.000 Euro und ein Sparbrief über 74.000 Euro. Der 69jährige wurde seit 1999 von O. betreut, seine Pflegebedürftigkeit besteht seit 2001. Nachdem im Jahr 2003 das Vermögen von Reinhold S. »aufgebraucht« war, wurde zur Deckung des Eigenanteiles der Pflegerechnungen ein Antrag auf Kostenübernahme bei dem zuständigen Sozialhilfeträger gestellt. Doch der Aufforderung zur Darlegung der Vermögensverhältnisse sei O. nicht nachgekommen und habe daraufhin Ende April 2004 den Antrag auf Kostenübernahme für Reinhold S. wieder zurückgezogen. Waltraud Karp: »So dreist muß man erstmal sein: Horrende Summen veruntreuen, danach Anträge beim Sozialamt stellen, und dann auch noch bei Verweigerung der Kostenzusage gegen die Behörde klagen! Ich habe im vergangenen Jahr sämtlich Pflegen bei Betreuten des O. gekündigt, um gegen seine Machenschaften vorzugehen. Es wurde meinerseits eine sogenannte Ergänzungspflegschaft beim Amtsgericht Gütersloh beantragt. Ich habe diesen Schritt getan, damit endlich das gesamte Ausmaß des Unrechts aufgedeckt werden konnte. Gleichzeitig wußte ich, daß ich kaum Aussicht auf Erfolg hatte – offen wurde über Unterstützung für O. aus verschiedenen Richtungen gesprochen«, berichtet Waltraud Karp, die noch immer auf die Bezahlung von Pflegerechnungen in nicht unerheblicher Höhe wartet. Der zuständige Richter am Gütersloher Amtsgericht, Rechtswalt O. und ein bestimmter Sozialarbeiter sollen seit längerem zusammengearbeitet – im Fall des Reinhold S. sei der Sozialarbeiter mittlerweile schon gar nicht mehr für die Überprüfung der Ergänzungspflegschaft zuständig gewesen, da Reinhold S. zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Gütersloh, sondern in Harsewinkel gewohnt hat. Daraus ergeben sich für Waltraud Karp viele offene Fragen, für die sich auch die Staatsanwaltschaft interessiert – so soll das Haus von Reinhold S. im Zuge der Betreuung, aber ohne Zustimmung des Besitzer veräußert worden sein: »Der Kaufvertrag war nicht in der Betreuungsakte, auch das Sparguthaben wurde aufgebraucht. Mich wundert die Zustimmung eines Richters ohne Einverständnis des Betreuten und ohne tatsächliche Notwendigkeit«, betont Waltraud Karp, deren Anwalt Einsicht in die Betreuungsakte hat. So soll Reinhold S. sein Vermögen beispielsweise bei Bordellbesuchen ausgegeben haben, selbstverursachte Badezimmerrenovierungen finanziert und Schuldscheine unterschrieben haben. Bereits im vergangen Jahr gab es deutliche Hinweise auf das »Betreuungsmodell« des O. In einem anonymen Fax an Waltraud Karp, dessen eigentlicher Empfänger der Landschaftsverband Ostwestfalen-Lippe war, hieß es unter anderem, daß die Betreuung durch O. auf persönlicher Bereicherung basiere und der Einschüchterung und Ausbeutung der ihm anvertrauten Menschen diene. Dieses Fax war bereits an das Amtsgericht Gütersloh weitergeleitet worden: »Wir hoffen, daß es Ihnen gelingt, innerhalb Ihrer Behörde Menschen zu finden, die den Mut und die Kraft haben, sich im Interesse der vielen Leidtragenden einzusetzen«, heißt es in dem Schreiben. Offenbar wurde dieses Fax Waltraud Karp mit der Gewißheit zugestellt, daß sie handeln würde, was sie trotz der im Fax enthaltenen Warnung vor der »Macht dieser Organisation« tat. »Gnade dem Gott, der eine Betreuung benötigt, wenn solche Vorgehensweisen möglich sind«, zieht Waltraud Karp ihre eigenen Schlüsse aus den Erfahrungen mit dem »Gütersloher Betreuungsmodell«, »noch immer ist der Sumpf nicht trockengelegt. Im vergangenen Jahr habe ich selbst keine Betreuungen mehr angeregt, da ich mir nicht sicher sein konnte, wem diese Menschen ausgeliefert würden. Ich wünsche mir, daß mehr Menschen endlich Zivilcourage zeigen und mit ihren negativen Erfahrungen an die Öffentlichkeit gehen«. Betroffene können sich unter Telefon (05241) 15733 direkt an Waltraud Karp wenden, die die Überprüfung dieses »Gütersloher Betreuungsmodells« durch ihre Anzeige initiiert hat.